Pädagogische Akademie, 1929-31

HA VI. Rep.92 Becker. Nr.274

275. Anfrage Minister Becker. Berlin.6.1.1929

Herrn MR v.d Driesch, hier

Sofort

Ist die Stelle für einen landeskundlichen Geographen in Breslau schon besetzt? Ich kenne persönl(ich) gut einen ausgezeichneten Kandidaten:

Stud.Ass. Dr. Max Wocke in Hirschberg.

Denkbar gut geeignet für eine Pädag(ogische) Akad(emie), Schlesier, hat über das schlesische Gebirge gearbeitet. Bitte ihn für alle Fälle vormerken. Er gehört zur Kriegsteilnehmer-Generation und stammt aus der Jugendbewegung. Gez.B(ecker)/ 6.I.

Notiz von Ministerialrat von den Driesch an C.H.B. Berlin, 9.1.1929

Als Erdkundler für Breslau ist der dortige Studienrat Olbricht in Aussicht genommen, der als Methodiker der Erdkunde und als schlesischer Heimatkundler auch literarisch sehr bekannt und vorzüglich empfohlen ist und auch mit den Pädagogischen Akademien schon seit längerer Zeit in Gedankenaustausch steht.

Herr Studienassessor Wocke werde ich für die Pädagogische Akademie Görlitz vormerken.

Gez. Von den Driesch

 

276. C.H.B. an MR v.d. Driesch Berlin, 16.6.1930

(Maschinenkopie)

Lieber Herr von den Driesch,

vielleicht erinnern Sie sich noch unserer Besprechung über Dr. Rudolf Ibel in Hamburg. Er wird sich in diesen Tagen mit einem erneuten Gesuch an Sie wenden. Es geschieht nach vorheriger Rücksprache mit mir, und ich habe es übernommen, sein Gesuch bei Ihnen zu unterstützen. Ich könnte mir denken, daß Herr Ibel zu dem Typus Menschen gehört, an dem auch Herr Minister Grimme seine Freude hat. Jedenfalls sollte man einen Mann, der mit solcher innerer Begeisterung zur Lehrerbildung drängt, nicht deshalb ganz zurückstellen, weil seine Bekenntniszugehörigkeit ihn im Augenblick schwer verwendbar macht. Ihrer und Herrn Wendes Geschicklichkeit wird es gewiß gelingen, diesen vorzüglichen Menschen unterzu-bringen. Mit verbindlichen Grüßen Ihr Ihnen aufrichtig ergebener (C.H.B)

 

277. C.H.B. an MR von den Driesch. Berlin, 2.3.1931

(Maschinenkopie)

Lieber Herr von den Driesch,

in Frankfurt/Oder, wo ich zu einem kurzen Besuch des Musikheims weilte, hörte ich von den Herren der Pädagogischen Akademie, daß Sie in diesen Tagen das Ministerium verlassen, um sich ganz der pädagogischen Aufgabe eines Professors zu widmen. Aus diesem Anlaß möchte ich Ihnen doch sagen, wie schmerzlich mich Ihr Ausscheiden aus dem Ministerium berührt. Seit jener denkwürdigen Unterhaltung, in der wir zum erstenmal die weitgehende Übereinstimmung unserer Ansichten feststellten, habe ich Sie immer als Garantie und Bestätigung meines eigenen Wollens und Strebens betrachtet. Gewiß haben Sie von Anbeginn Ihre Verwaltungs- und Organisationsarbeit nur als ein Durchgangsstadium betrachtet. Aber ich hatte doch immer gehofft, daß die Wichtigkeit der Aufgabe Sie reizen würde, das Schifflein unserer Pädagogischen Akademien so lange zu lenken, bis ein ruhigeres Fahrwasser erreicht wäre. Nun hat Sie offenbar die Arbeit doch gesundheitlich mehr mitgenommen, als ich dachte, und Sie machen es wie ich – nur freiwillig – , daß Sie die extensive Verwaltungsarbeit mit einer vertieften und intensivierten vertauschen. So gut ich Sie verstehen kann, bin ich doch voll Sorge um die Zukunft der Akademien. Ich sehe Gefahren von allen Seiten, wie mir überhaupt immer klarer wird, daß ein parteipolitisch geleiteter Staat das Gegengewicht einer kulturellen Autonomie braucht. Als ich aus dem Ministerium schied, war es mir ein tröstliches Bewußt-sein, daß Sie die Pädagogischen Akademien weiter verwalteten. Gewiß bleiben ja auch jetzt die Herren Kaestner und Wende; aber in der Trägerschaft der pädagogischen Idee reißt doch zum erstenmal die Verbindungslinie ab, wenigstens an der Zentrale. Und dabei tröstet mich nur der Gedanke, daß die Mitarbeiter an den einzelnen Akademien doch allmählich zu einem stärkeren Träger des Gedankens zu werden beginnen als das Ministerium selbst. Wenigstens hoffe ich das, denn nur dann wäre der Hochschulgedanke gerechtfertigt.

Ihnen aber, lieber Herr von den Driesch, möchte ich bei Ihrem Ausscheiden noch einmal sagen, wie gern ich mit Ihnen zusammengearbeitet habe, und wie dankbar ich Ihnen immer bleiben werde, daß Sie in manchen schwierigen Zeiten fördernd und vertrauensvoll im Kampfe neben mir gestanden sind. Ich wünsche Ihnen vor allem Ruhe und Gesundheit und das beglückende Bewußtsein, daß die von Ihnen gesäte Saat auch nach Ihrem Ausscheiden aufgehen und daß sie die ungünstige Witterungslage des Augenblicks überwinden wird.

Mit den besten Grüßen in aufrichtiger Verehrung Ihr ergebenster (C.H.B.)

 

278. Von den Driesch an C.H.B. Lugano, 17.3.1931

Hochverehrter Herr Minister!

Für Ihre gütigen Worte anläßlich meines Ausscheidens aus dem Ministerium danke ich Ihnen von Herzen.

Gern hätte ich mich der Aufgabe, die Sie mir vor 6 Jahren übertragen haben, noch länger gewidmet; aber schon vor 1 ½ Jahren fühlte ich mich körperlich und seelisch der Arbeit nicht mehr gewachsen, und seit ich im Bonner Krankenhaus die Nachricht von Ihrem Rücktritt erhielt, wußte ich auch, daß meine Tage im Ministerium gezählt waren. Ich war im ganzen Verlauf des Jahres 1930 im Dienst durch häufiges Kranksein gehemmt, von anderen Hemmungen zu schweigen. So mußte ich zu der Überzeugung kommen, daß mit meinem Verblei-ben im Ministerium der Sache der Akademien nicht mehr gedient sein könne, während ich andererseits hoffen darf, als Lehrender beim Ausbau der Akademien noch einiges leisten zu können.

Um das Schicksal der Akademien bangt mir trotz der zur Zeit für sie ungünstigen wirtschaftlichen und politischen Lage nicht. Ich bin der Überzeugung, daß sich die Akademien aus eigener Kraft weiter helfen werden, und es ist mir ein großer Trost, daß Dank der sieben Neugründungen, die im letzten Jahre Ihrer Ministerschaft vorbereitet wurden, nun 15 Akademien dastehen, die nicht wegzudisputieren sind und deren Dynamik immer fühlbarer werden wird.

Mit Freude denke ich an die 5 Jahre, während deren ich unter Ihnen an Ihrem Werk mitarbeiten durfte, und besonders dankbar werde ich Ihnen, hochverehrter Herr Minister, stets bleiben für die Weite und Tiefe Ihrer Auffassung von der Lehrerbildung und Ihr Verstehen und Ihre Güte gegenüber Ihren Mitarbeitern.

In aufrichtiger Verehrung und mit den besten Wünschen für Ihr weiteres Wirken

Ihr (gez.) von den Driesch