Deutsche Demokratische Partei, 1921-1930

HA VI. Nl. C. H. Becker. Nr. 184

75. Robert Jansen MdL an C.H.B. Berlin, 20.5.1921

Hochverehrter Herr Minister!

In der Anlage übersende ich Ihnen ein Schreiben des Herrn Dr. Fritz Brüggemann, das er an die Abgeordnete Fräulein Dr. Lüders gerichtet hatte und das mir zur weiteren Veranlassung übergeben worden ist. Herr Dr. Brüggemann beruft sich darauf, daß Sie über die Angelegenheit, die er in seinem Schreiben behandelt, schon früher unterrichtet worden seien. Ich würde Ihnen zu Dank verpflichtet sein, wenn Sie dem Inhalt des Schreibens einige Augenblicke widmen wollten.

In vorzüglicher Hochachtung (gez.) Robert Jansen

MdL und Hauptgeschäftsführer der Deutschen Demokratischen Partei

Anmerkung TR(endelenburg?) vom 25.5.:

Dem Herrn Referenten mit der Bitte um gefl. Äußerung wegen Prof. Herrmann, dessen Berufung auch vom Herrn Reg(ierungs)präs(identen) befürwortet.

Wegen des Deutschen Instituts (Lehrauftrag und einmalige Zuwendung) ist das Erforderliche unsererseits verfügt. Tr 25.5.

Anlage:

Dr. Fritz Brüggemann, Privatdozent an der TH Aachen an Dr. Maria Elisabeth Lüders, MdR (Demokratische Fraktion) Aachen, 4.4.1921

(Maschinenmanuskript) Vermerk MK: EILT

Sehr geehrtes gnädiges Fräulein!

Seitdem das Loch im Westen geschlossen ist, hat sich die Verwelschungsgefahr für Aachen sehr gemindert. Von einem Koramieren1 der Bevölkerung mit den Truppen der Besatzung ist auch bei den unteren Bevölkerungskreisen kaum die Rede. Aber wir wissen nicht, welchen Zeiten wir entgegengehen, und müssen daher beständig auf der Hut sein und für alle Fälle

Gegenmaßregeln treffen. Sollte jetzt mit der neuen Zollregelung sich das Loch im Westen wieder für uns öffnen, dann entsteht die Verwelschungsgefahr mit einem Schlage wieder in dem ganzen Umfang, in dem wir sie vor einem Jahre hier gehabt haben. Wir werden wieder von französisch sprechender Zivilbevölkerung überschwemmt, die zu Handelszwecken nach Aachen kommt, das ganze Wirtschaftsleben muß sich wieder auf die französisch sprechende Kundschaft einstellen, kein junges Mädchen und kein junger Mann kann dann wieder in einem Laden eine Anstellung finden, der nicht der französischen Sprache mächtig ist. Französische Theateraufführungen werden wieder rentabel und deshalb auch von den Besatzungsbehörden eingerichtet, und die jungen Leute besuchen sie, schon um sich in der französischen Sprache zu vervollkommnen. Die weiteren Folgen brauche ich nicht auszumalen. Wir müssen deshalb hier für die Pflege und Erhaltung des Deutschtums tätig bleiben, um gegebenen Falls an den inzwischen getroffenen Einrichtungen einen Rückhalt zu haben. Dazu ist es vor allen Dingen notwendig, Männer und Frauen herzubekommen, die in diesem Sinne wirken können.

Aus diesem Gesichtspunkt heraus hatte ich der Hochschule vorgeschlagen, eine Berufung des Historikers Prof. Dr. Alfred Herrmann an die Hochschule beim Ministerium zu beantragen. Herrmann war Professor an der Akademie in Posen und hat sich dort hervorragend als Vorkämpfer für deutsche Kultur bewährt, er bezieht von dieser Stellung her noch für die nächsten fünf Jahre ein Staatsgehalt und hat inzwischen eine Stellung als Redakteur der Oldenburgischen Landeszeitung angenommen. Er möchte aber gerne zur akademischen Lehrtätigkeit zurückkehren und ist geneigt, einem Ruf nach Aachen zu folgen, wenn ihm wirtschaftlich die erforderlichen Sicherheiten geboten werden, um eine Lebensstellung, wie er sie inne hat, aufgeben zu können. Staatssekretär Becker, der Herrmann von Bonn her von gemeinsamer Lehrtätigkeit gut kennt und schätzt, hat meinen Vorschlag, wie ich weiß, lebhaft begrüßt.2 Ein entsprechender Antrag wurde auch von der Hochschule am 7. Dezember (1920) an das Kultusministerium gestellt. Nun verhandelt man schon vier Monate, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Man glaubt die Bedingungen Herrmanns nicht erfüllen zu können, weil natürlich gespart werden muß. Aber es fragt sich doch, ob hier nicht sehr am falschen Platze gespart wird. Vor allen Dingen fehlt im Ministerium, wie es scheint, das rechte Verständnis für die Aktualität eines Entschlusses von politischen Motiven. Kommt die Berufung von Herrmann noch jetzt zustande – aber ohne eine wirksame Nachhülfe wird das nicht der Fall sein – so wird ihre Wirkung schon heute nicht mehr die sein, wie wenn Herrmann bereits drei Monate hier gewirkt hätte, wenn das Loch im Westen sich wiederöffnen wird. Herrmann will, soviel ich weiß, nur als ordentlicher Professor nach Aachen kommen, und darin hat er auch ganz recht, denn nur als solcher kann er den Einfluß ausüben in der Abteilung für allgemeine Wissenschaften, der ihm die Wirksamkeit ermöglichte, um deretwillen er hier erwünscht wäre. Will man keine neue Professur für Geschichte schaffen, dann kann man doch vielleicht für Herrmann eine persönliche Professur3 einrichten, die nach seinem Fortgang nicht wieder besetzt zu werden braucht.

Sie sind im Oktober vorigen Jahres in der „Hilfe“ so freundlich für das Deutsche Institut eingetreten, indem Sie die Notwendigkeit des Ausbaus zum kulturwissenschaftlichen Institut betonten und die staatliche Subventionierung für notwendig erklärten. Auch diesbezüglich sind Anträge von der Hochschule am 23. Dezember (1920) an das Ministerium gerichtet worden, aber geschehen ist bis heute nichts, wiewohl mir seit Oktober, als Staatssekretär Becker hier war und sich von den Verhältnissen überzeugt hatte, von Monat zu Monat erneute Versicherungen von Vertretern des Ministeriums gemacht worden sind, daß die Unterstützung eine beschlossene Sache wäre. Ich fürchte, daß die Hülfe nun zu spät kommt, da meine persönliche wirtschaftliche Lage mich einfach dazu zwingt, meine reichhaltige Bibliothek zu verkaufen, aus der das Institut vorläufig besteht, und dann ist das Institut vernichtet.

Ich wäre Ihnen sehr zu Dank verpflichtet, wenn Sie in diesen verschiedenen Angelegenheiten einmal vermittelnd eingreifen würden oder, wenn Sie persönlich nicht dazu in der Lage sein sollten, dieses Schreiben als material einer zuständigen Stelle zugehen lassen würden.

Mit freundlichem Gruß Ihr ganz ergebener (gez.) Fritz Brüggemann.

Handschriftlicher Nachtrag:

Auch in der Sache des Deutschen Instituts zeigt sich das mangelnde Verständnis für die Aktualität der Politik. Hinter dem Deutschen Institut steht eine „Gesellschaft für deutsche Literaturund Kulturgeschichte im Regierungsbezirk Aachen“, die seit Monaten auf die Entschließung der Regierung hinsichtlich des Institutes wartet und dadurch in ihren eigenen Entschlüssen und Wirksamkeit durch die Verzögerung des Ministeriums völlig brach gelegt ist. F.B.

 

76. Dr. Fritz Brüggemann an C.H.B. Aachen, 1.6.1921

(Maschinenmanuskript)

Euer Excellenz!

Wochen- und wochenlang habe ich es mir überlegt, ob ich mich als Leiter des von mir ins Leben gerufenen Deutschen Instituts an der Technischen Hochschule Aachen persönlich an Excellenz wenden darf. Nachdem jetzt aber alle offiziellen Wege ohne praktisches Ergebnis erschöpft sind, bleibt mir nichts mehr anderes übrig. Wir haben heute den 1. Juni, und ich habe daher heute alle periodischen Publikationen, die bisher für das Deutsche Institut bezogen wurden, zum 1. Juli kündigen müssen, da ich nicht mehr in der Lage bin, die Kosten für die dieselben aus meiner eigenen Tasche zu tragen, noch sie aus anderen Privatmitteln zu bestreiten. Eine Staatshülfe ist aber bis zur Stunde ausgeblieben, wiewohl nun schon dreiviertel Jahr Monat für Monat teils in Berlin, teils hier in Aachen immer erneute Zusicherungen ausgesprochen worden sind, daß eine staatliche Subvention erfolgen werde. Praktisch sind wir noch nicht einen Schritt weiter als am 24. Oktober vorigen Jahres, als Excellenz die Freundlichkeit hatten, das Institut zu besichtigen und gutzuheißen. Leider muß ich sogar bekennen, daß wir durch die nicht realisierten Zusicherungen nicht nur nicht gefördert, sondern geradezu benachteiligt worden sind; denn es sind Freunde des Instituts, die geneigt waren, dasselbe zu unterstützen, durch die ausbleibende Staatsunterstützung stutzig geworden, ob das Unternehmen auch der Unterstützung wert sei.

Vor allen Dingen war im vergangenen Jahr eine besondere Gesellschaft in der Bildung begriffen, die nicht nur Mittel aus privaten Kreisen zur Förderung des Instituts sammeln wollte, sondern die besonders auch gestützt auf das Deutsche Institut Bestrebungen zur Erhaltung und Verbreitung deutscher Kultur in der hiesigen Grenzmark pflegen wollte. Die Konstituierung der Gesellschaft kam aber nicht zustande, weil die beteiligten Herren abzuwarten wünschten, ob der Erlaß des Ministeriums zur Unterstützung des Instituts sich mehr für ein Deutsches oder ein allgemein Kulturwissenschaftliches4 Institut erklären würde. Danach sollten sich die eigenen Bestrebungen der Gesellschaft richten. Der vorbereitende Ausschuß der Gesellschaft wartet nun schon bald ein ganzes Jahr auf diese Entscheidung des Ministeriums, und diese ganze kostbare Zeit ist für eine sehr segensreiche Arbeit der Gesellschaft verloren gegangen. Die Lust und Liebe zur Sache wurde dadurch nicht gestärkt. Auch hier habe ich viel Vertrauen zu den von mir angeregten Bestrebungen durch die Verzögerung der in Aussicht gestellten Staatsunterstützung eingebüßt. Die Hochschule selbst hat nichts unversucht gelassen, eine Entscheidung des Ministeriums zu veranlassen. Immer wieder wurde versichert, daß Mittel bewilligt seien, aber der offizielle Erlaß blieb bis zur Stunde aus. Es wird sicher nur eines Wortes von Excellenz bedürfen, um die Ausführung des angeblich vorliegenden Beschlusses zu bewerkstelligen. Ich wende mich daher vertrauensvoll an Excellenz mit der Bitte, der von mir vertretenen Sache diese freundliche Hilfe nicht zu versagen. Das Interesse der Studentenschaft an den Einrichtungen ist beständig im Wachsen.

Mit verbindlichem Gruß Euer Excellenz ganz ergebener (gez.) Fritz Brüggemann.

Anmerkung Beckers: Herrn MR Trendelenburg Bitte um Rücksprache. B. 3.6.

 

77. C.H.B. an Robert Jansen, MdL-DDP Berlin, 4.8.1921

(Maschinenkopie, Entwurf mit handschriftlichen Veränderungen)

Sehr verehrter Herr Jansen!

In Erwiderung des gefl. Schreibens vom 20.Mai d. J. teile ich Ihnen ergebenst mir, daß dem Antrage des Herrn Privatdozenten Dr. Brüggemann in Aachen auf finanzielle Unterstützung des von ihm geleiteten Instituts bei der Technischen Hochschule in Aachen inzwischen durch die Gewährung einer Beihilfe von 30 000 M(ark) entsprochen worden ist.

Was den mir bestens bekannten früheren Kollegen Professor Dr. Herrmann anlangt, so steht für ihn eine Professur an der Technischen Hochschule in Aachen nicht zur Verfügung. Meine Absicht, die Mittel für eine künftig fortfallende Professur flüssig zu machen, mußte im Hinblick auf die gegenwärtige trostlose Finanzlage aufgegeben werden. Es käme also nur die Erteilung eines Lehrauftrages in Frage.. Eine solche Regelung würde aber, wie auch Dr. Brüggemann selbst betont, dem Professor nicht genügen. Unter diesen Umständen sehe ich zu meinem großen Bedauern gegenwärtig keine Möglichkeit, in dieser Sache etwas zu tun. Ich werde sie aber auch weiterhin im Auge behalten und würde mich freuen, wenn sich schließlich doch noch ein Weg finden sollte, diesem tüchtigen Gelehrten und Lehrer der akademischen Laufbahn zu erhalten.

In größter Hochachtung (gez.) B.

Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung.

 

78. DDP an C. H. B. Berlin, 9.10.1925

(Maschinenmanuskript)

Hochgeehrter Herr Minister!

Ich bin in der peinlichsten Verlegenheit. Für den 19. (Oktober) ist es unmöglich, noch einen Saal zu beschaffen, der groß und würdig wäre, die 1500 bis 2000 Männer und Frauen, die durchweg den gebildeten Schichten der Berliner Bevölkerung angehören, zu fassen.

Gibt es wirklich keine Möglichkeit, daß Sie am 20. abends uns eine Stunde opfern, so wäre ich gezwungen die Kundgebung ausfallen zu lassen, was ich im Interesse der Partei außerordentlich bedauern müßte.

Vielleicht haben Sie einmal die große Güte, mir auf beigefügter Karte einen Ausweg zu zeigen.

Mit vorzüglicher Hochachtung sehr ergebenst (gez.) Merten.

Anmerkung Beckers: Herrn ORR Duve: Fällt nun die Sache aus? B 15.10

Anmerkung Duves: Ja lt. Schreiben vom 15.10.

 

79. DDP an C. H. B. Berlin, 9.10.1925

(Maschinenmanuskript)

Hochgeehrter Herr Minister!

Soeben erfahre ich von dem Kollegen Bohner, daß Sie grundsätzlich bereit sind, zu einer demokratischen Versammlung über ein von Ihnen selbst zu formulierendes Thema zu sprechen. Ich danke Ihnen verbindlichst für das außerordentliche Opfer, das Sie damit der Partei bringen und bitte ergebenst, auf der beigefügten Karte das Thema anzugeben.

Nun ist allerdings dem Herrn Bohner insofern ein Irrtum unterlaufen, als die Versammlung nicht am 21., sondern am 20. Oktober im Kaisersaal des Rheingold stattfinden soll. Ich nehme an, daß auch Dienstag der 20. Ihnen noch genehm ist. Daß der Eintritt nur gegen Karten erfolgt, möchte ich noch besonders betonen.

Indem ich mich der Hoffnung hingebe, auch für diesen Tag eine Zusage von Ihnen zu erhalten zeichne ich mit vorzüglicher Hochachtung sehr ergebenst (gez.) Merten, MdL

Anmerkung Duves: 20.10. Einladung zu Schmidt-Ott.

Abschrift der Antwort (vom Herrn Minister eigenhändig geschrieben):

Berlin, den 9.10.1925

Hochverehrter Herr Oberregierungsrat!

Leider ist mir der 20. und 21. völlig unmöglich. Herrn Dr. Bohner gegenüber verpflichtet, am 19.ten zu sprechen.

Thema: Kulturpolitische Fragen der Gegenwart.

Ich hoffe, daß der 19.te auch möglich ist.

Mit verbindlicher Empfehlung Ihr ergebenster (gez.) Becker

 

80. DDP an C. H. B. Berlin, 15.10.1925

(Maschinenmanuskript)

Hochgeehrter Herr Minister!

Es ist trotz allen Versuchen nicht möglich gewesen, für den 19. einen geeigneten Saal zu beschaffen, so daß wir gezwungen sind, an dem 22. festzuhalten.

Ich bedauere es unendlich, daß wir nicht Gelegenheit haben, Sie zu hören und bin nun dabei, einen anderen Redner zu gewinnen. Sollte mir das nicht gelingen, müßte die Versammlung überhaupt ausfallen, was allerdings von schwerem Nachteil für die Partei wäre.

Indem ich Ihnen nochmals verbindlichst danke für die grundsätzliche Bereitwilligkeit, bei uns zu sprechen, gebe ich der Hoffnung Ausdruck, daß wir in absehbarer Zeit Gelegenheit haben möchten, Sie zu hören.

Mit ausgezeichneter Hochachtung sehr ergebenst (gez.) Otto Merten (MdL)

 

81. DDP an C. H. B. Berlin, 29.1.1926

(Maschinenmanuskript)

Hochverehrter Herr Minister!

Die Gruppe Berlin-Mitte der (Deutschen) Demokratischen Partei veranstaltet am Dienstag, 16. Februar 1926, im großen Sitzungssaal des ehemaligen Herrenhauses einen Vortragsabend. Wir möchten Sie bitten, den Vortrag des Abends zu übernehmen. Die Veranstaltung soll selbstverständlich nicht parteipolitischen, sondern einen allgemein kulturpolitischen Charakter tragen. Wir würden die Wahl des Themas Ihnen vollständig überlassen.. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn wir auf Ihre gütige Zusage rechnen dürften.

Mit ausgezeichneter Hochachtung bin ich, hochverehrter Herr Minister,

Ihr Ihnen sehr ergebener (gez.) Dr. Ernst Feder.

 

82. C. H. B. an DDP (Berlin), 30.1.1926

Privatsekretariat (Maschinenkopie)

Sehr geehrte Herren!

Auf das gefällige Schreiben vom 29. d. Mts. Erkläre ich mich gern bereit, Ihrem Wunsche gemäß für die für Dienstag, den 16. Februar, geplante Veranstaltung den Vortrag zu übernehmen.

Eine weitere Mitteilung wegen des Themas mir vorbehaltend, bin ich in vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster (CHB)

 

83. DDP an C. H. B. Berlin, 24.9.1926

(Maschinenmanuskript)

Hochgeehrter Herr Minister!

Am Sonnabend, den 16. Oktober, feiert unser Wahlkreis im Sport-Palast ein Herbstfest unter Schwarz-Rot Gold. Es soll unsere Winterarbeit finanzieren, zugleich aber auch ein wirkungsvoller Auftakt für die Herbstarbeit in ganz Groß Berlin sein. Es ist dringend notwendig, daß nach dem Eintritt in den Völkerbund der demokratische Anteil an den großen außenpolitischen Erfolgen sich nicht im Gedächtnis der Wählerschaft verwischt. Die Vertagung des Parteitages läßt diese Gefahr akut erscheinen. Darum müssen wir uns jetzt vernehmlich zum Worte melden.

Wir bitten Sie, hochgeehrter Herr Minister, sich am Abend des 16. Oktober für unsere Veranstaltung mindestens ¼ Stunde frei zu halten. Wir freuen uns natürlich sehr, wenn Sie den ganzen Abend unser Gast sein werden. In jedem Falle aber würden Sie uns außerordentlich verbinden, wenn Sie bei uns eine kurze Ansprache von etwa 10 Minuten halten würden. Wir rechnen auf eine Massenbeteiligung. Durch Lautsprecher werden alle Ansprachen in jedem Teile des großen Saales vernehmlich gemacht.

Indem wir Ihnen für Ihre Zusage herzlich danken, zeichnen wir mit hochachtungsvollem

Parteigruß ergebenst (gez.) Otto Merten (?unleserlich), MdL.

 

84. Ansprache des Preußischen Kultusministers Professor Dr. Becker auf dem Herbstfest der DDP im Sportpalast am 16.10.1926

Wir haben uns zu einem Herbstfest versammelt. Tage des Sturms liegen hinter uns und eine graue und finster werdende Natur rüstet sich den nahenden Winter zu empfangen. Wie anders sieht es da aus in unserem Inneren.

Wenn wir den Blick auf unsere Volksgemeinschaft, auf unseren Staat lenken, schlägt uns das Herz nicht höher?

Wenn wir bedenken, was in den letzten acht Jahren im Rahmen der deutschen Republik geleistet worden ist?

Liegt da nicht der Winter unseres Mißvergnügens bereits hinter uns?

Gewiß erleben auch wir noch Stürme, aber das sind keine Herbststürme, sondern es ist das Brausen des Vorfrühlings, das wir erleben. Noch sind die Blüten des neuen Deutschland nicht aufgegangen, aber wir sehen überall ihre Ansätze. Der Saft schießt ein, und ein neuer Frühling ist uns gewiß.

Wer hätte vor acht Jahren zu hoffen gewagt, daß der zusammengebrochene Staat von 1918 im Jahre 1926 nach innen politisch gefestigt, in seiner Valuta stabilisiert und mit einer immer sicheren Tendenz nach aktiv werdender Handelsbilanz dastehen würde und daß er, zwar außenpolitisch noch nicht ganz frei, aber doch wieder im Rate der Völker geachtet, ja umworben, ein Faktor der Weltpolitik sein würde?

Als die alte Staatsautorität zusammenbrach, gab es nur ein Mittel, eine neue Rechtsbasis zu schaffen, und dieses Mittel war der demokratische Gedanke. Danken wir unserem Schicksal, daß das deutsche Volk, viel mehr als es das selber wußte,

  • bis in sein tiefstes Innere hinein demokratisch gesonnen war, daß es willig das rettende Majoritätsprinzip anerkannte,
  • daß die überstimmte Minorität sich zwar grollend aber tatsächlich5 unterordnete,
  • und daß auch die Opposition sich die demokratischen Methoden aneignete.

So wurde die deutsche Republik geboren, von dem einen um jubelt, von dem andern gehaßt, von der großen Menge aber verstandesmäßig anerkannt. Die aus der Not geborene Republik, die aus der Asche des Kaiserreiches entstand, hatte es schwer, ihren Phönixcharakter zu erweisen, suggestiv die Herzen höher zu stimmen, und sich liebenswürdig zu machen. Im politischen Leben entscheidet nun einmal der Erfolg; nur er gewinnt die Herzen, und so wächst der republikanische Gedanke mit den beginnenden Erfolgen. Gewiß können und sollen diese Erfolge nicht ruhmreiche Kriege sein, nicht Flottengründungen und Interessensphären, sondern mühselig errungene Resultate aufopferungsbereiter Wiederaufbauarbeit. Die Welt sieht diese Leistungen mit wachsendem Respekt, und allmählich wird man ja wohl auch in allen Schichten des deutschen Volkes erkennen, welch bewundernswerte Arbeit in den letzten Jahren geleistet worden ist. Und wenn dabei die Opposition alles Erreichte herabmindert oder über-haupt verschweigt, und dabei gern den Namen des Freiherrn vom Stein und den Aufstieg Deutschlands im Anfang des vorigen Jahrhunderts als Parallele anführt, so darf doch nie vergessen werden, daß niemand die Wiederaufbaupolitik des Freiherrn vom Stein so erschwert und bekämpft hat, als gerade die Kreise, die auch heute wieder in Opposition stehen.

Im übrigen aber: welch ein gewaltiger Unterschied zwischen damals und heute! Gewiß war der Staat auch damals zusammengebrochen, aber die Staatsform war erhalten geblieben und damit die Staatsidee. Der Zusammenbruch von 1918 hat einen neuen Staatsgedanken geboren. Gewiß sind auch im Jahre 1918 die äußeren Formen vom Reich und Ländern und Kommunen die gleichen geblieben. Aber sie haben eine neue Funktion erhalten und im gewissen Sinne ist eine Vergesellschaftung des Staates eingetreten, in dem der Staat nicht mehr ein über dem Volke schwebendes Machtzentrum darstellte, sondern in dem das Volk selber zum Staate wurde, und damit jeder einzelne Bürger teilhaftig wurde an der Verantwortlichkeit dem Ganzen gegenüber.

Gewiß hat es auch früher ein allgemeines Wahlrecht gegeben. Aber was bedeutete damals das Parlament gegenüber der ungeheuren Autorität der Krone. Wir wollen nicht rechten mit der Vergangenheit. Wir ehren uns selber, wenn wir der Vergangenheit ihre Größe nicht schmälern. Wir stehen zu ihr wie die Kinder zum Elternhaus. Aber wir Kinder von ehedem sind jetzt Erwachsene geworden. Wir haben unser Schicksal selbst in die Hand genommen, und es ist undenkbar, daß die gewonnene Freiheit jemals wieder dem Autoritätsverhältnis von ehemals weichen könnte. Je stärker jeder von uns heute seine Verantwortung der Gemeinschaft empfindet, desto williger wird er sich den Notwendigkeiten des Staates unterordnen. Und bei aller Unabhängigkeit des Einzelnen, bei aller Lockerung autoritärer oder bürokratischer Bindungen verlangen wir doch von dem neuen demokratischen Staat eine feste Führung und in erster Linie ein freudiges Bekenntnis zu sich selber.

Wer ist denn nun dieser neue Staat? Er schwebt nicht mehr in Wolken über uns. Er ist gebildet aus dem ich und dem Du und dem Wir, die wir in freier Selbstverantwortung uns die Hände reichen, um einer für den andern und alle für Einen zu stehen. Den unbeschränkten Individualismus der liberalen Zeit bindet der demokratische und der soziale Gedanke der freiwilligen Unterordnung unter selbstgesetzte und selbsterwählte Autoritäten.

So ist aus dem Umsturz der Dinge ein neuer Staatsgedanke geboren und dieser Staatsgedanke, der selbst etwas geistiges ist, trat in Wettbewerb mit anderen geistigen Mächten, die unsere Zeit beherrschen. Das charakteristische Merkmal der geistigen Lage der deutschen Gegenwart ist die eigentümliche Mischung von Revolution und Tradition. Wir haben nicht wie die Russen alle Traditionen über Bord geworfen und auf einer tabula rasa eine neue Welt zu errichten begonnen, wir haben es mutig unternommen, unsern neuen Staatsgedanken mit dem großen geistigen Erbgut unseres Volkes zu versöhnen. Damit haben wir nicht etwa neuen Wein in alte Schläuche gefaßt sondern edlen alten Wein in neuen für lange Zeit haltbaren Schläuchen geborgen. Damit ist zugleich der Weg der Versöhnung gewiesen. Hat auch unser Staatsgedanke sich geändert, unser Kulturgedanke ist geblieben. Mögen noch so sehr politische Meinungsverschiedenheiten uns trennen, uns verbindet die kulturelle Einheit.

Haben wir Nachsicht mit den Brüdern und Schwestern, die der neuen Zeit noch kritisch oder ablehnend gegenüberstehen. Wir Republikaner haben es leicht, uns der neuen Zeit zu freuen, aber so energisch wir uns jede Sabotage der Republik verbitten müssen, so weitherzig wollen wir sein, die noch Fernstehenden brüderlich demokratisch zu uns herüberzuziehen.

Denn die Zukunft gehört uns ja doch. Langsam wandelt sich widerwillige oder nüchterne Anerkennung der Republik in freudige Bejahung. Aus Industrie und Beamtenschaft, selbst aus richterlichen und akademischen Kreisen mehren sich die Stimmen – noch mannigfach abgetönt, aber laut und vernehmlich -, die sich zur Republik bekennen und gerade in den letzten Wochen hat bei manchen Krisen in den Zentren politischer Machtstellung oder erst gestern bei der Hohenzollerndebatte der neue Staat bewiesen, daß er nicht mehr zur Diskussion steht, daß er wohl umstritten und kritisiert wird, aber als rocher de bronce stabilisiert gelten darf.

(Handschriftlicher Zusatz)

Denn Glauben, Glauben, Glauben:

Zu neuen Ufern lenkt (?unleserlich) ein neuer Tag.

 

85. DDP an C.H. B. Hagen in Westfalen, 29.9.1926

(Maschinenmanuskript)

Sehr geehrter Herr Minister!

Wir erlauben uns, Ihnen den anliegenden Aufsatz aus der deutschen La Plata Zeitung in Buenos Aires (abgedruckt in der La Plata Post vom 7./8.1926) zu überreichen, der einen unqualifizierbaren Angriff gegen Ihre Person enthält. Die Tatsache einer Kritik an sich würde uns nicht veranlassen, den Ausschnitt zu übersenden. Bestimmend ist dafür vielmehr der Umstand, daß viele Kritiken der deutschen Presse im Ausland, für die dieser Aufsatz nur ein Beispiel von tausenden ist, in ganz unverantwortlicher Weise abgefaßt sind und einen geradezu krankhaften Haß gegen die Republik und alle demokratischen Gedanken verraten.6

Es liegt daran, daß die bessersituierten Kreise der Deutschen im Auslande durch Deutsche, die nach dem Kriege ausgewandert sind, Offiziere waren oder sonst durch den Ausgang des Krieges enttäuscht sind, zu stark beeinflußt werden. Dieselben Kreise beeinflussen die Redaktionen der deutschen Auslandspresse, die sich außerdem noch hauptsächlich durch Korrespondenten reaktionärer Herkunft aus Deutschland speisen läßt. Wir haben oft Gelegenheit, deutsche Zeitungen aus dem überseeischen Ausland zu lesen und haben schon oft Gelegenheit genommen, auch andere amtliche Stellen auf die krassesten Auswüchse hinzuweisen.

Als es sich damals um beinahe nicht wiederzugebende Angriffe auf den Reichsaußenminister Dr. Stresemann handelte, haben wir in einer Korrespondenz mit dem Herrn Außenminister darauf hingewiesen, daß es doch wohl die Aufgabe der diplomatischen Vertreter im Auslande sein könnte und müßte, durch Einwirkung auf die Redaktionen wenigstens die blödesten und unsachlichsten Angriffe hintan zu halten. In Beantwortung unserer Korrespondenz wurde in Aussicht gestellt, daß in dieser Hinsicht Abhülfe geschaffen werden würde. Tatsächlich ist damals auch eine Besserung zu verzeichnen gewesen. Aber seit einigen Monaten – vielleicht ist es ein Zufall, daß der Zeitpunkt mit dem Erlaß der Flaggenverordnung des Reichspräsidenten zusammenfällt – ist wieder eine schärfere Tonart festzustellen, wie sie auch aus dem beigefügten Aufsatz hervorgeht. Irgendwas muß einmal endlich darin geschehen, denn es ist doch äußerst bedenklich, wenn die Deutschen im Ausland immer solche Entstellungen lesen, besonders in den Gegenden, wo ihnen irgendeine andere Zeitung mit sachlicherer Tendenz nicht zur Verfügung steht. Es müßten Mittel und Wege gefunden werden, um der deutschen Presse den reaktionären Nachrichtendienst abzuschneiden, und zwar wenigstens solchen Nachrichtendienst, der noch aus amtlichen Quellen gespeist wird. Wir haben schon früher den Verdacht ausgesprochen, daß das Deutsche Auslandsinstitut in Stuttgart nicht ganz unschuldig an der Verbreitung entstellender Nachrichten ist. Neuerdings werden sogar Nachrichten in spanischer Sprache für die spanische Presse, insbesondere in Südamerika, verbreitet, die auch nicht von gewissen Tendenzen ähnlicher Art frei zu sein scheinen.

Sollte der Verdacht gerechtfertigt sein und da Deutsche Auslandsinstitut eine Mitschuld treffen, so würde diese Tatsache noch besonders absurd mit Rücksicht auf den Umstand erscheinen, daß das Institut doch höchstwahrscheinlich Unterstützung aus Staatsmitteln erhält. Nach unserer Kenntnis der Dinge wird dieser Oppositionsgeist gegen den deutschen Staat auch in deutschen Schulkreisen im Auslande gepflegt. Wir würden uns denken können, daß bei den Bindungen, die zwischen dem deutschen Schulwesen im Ausland und Reichsstellen in bezug auf geistige und moralische Unterstützung, Überweisung von Lehrkräften, Anerkennung von Prüfungen und unter Umständen auch geldliche Unterstützungen bestehen, diese Beziehungen auch ausgenutzt werden könnten, um auch in das deutsche Schulwesen des Auslandes einen anderen fortschrittlichen Geist hinein zu bringen. Es erscheint nicht richtig, die beklagten Dinge einfach laufen zu lassen.

In der Annahme, daß Ihnen diese Mitteilungen nicht unerwünscht sind, bin ich mit demokratischem Gruß! Hochachtungsvoll!

(Gez.) Ihr ergebener W.Hennings

Mitglied des Bezirksvorstandes der DDP Südwestfalen.

Anlage bei der Antwort Beckers vom 30.10.26 (siehe unten)

 

86. DDP an Demokratischen Zeitungsdienst Berlin Stuttgart, 1.10.1926

(Maschinenkopie)

Anbei erhalten Sie eine Nummer der in New-Ulm, in Minnesota, Amerika, erscheinenden Neuen Zeit mit einem Angriff auf den preußischen Kultusminister Becker. Wir sind der Ansicht, daß dieser Maulwurfsarbeit eines unserer schlimmsten politischen Gegner, Dr. Hoelscher, Mitglied der Deutschnationalen Partei und in der Fraktion der Bürgerpartei und des Bauernbundes unseres Landtags, begegnet werden sollte. Die „Neue Zeit“ wird nicht bloß von vielen Deutsch-Amerikanern gelesen, sondern ist auch mit Unterstützung derselben vielfach auf den deutschen Universitäten und Hochschulen verbreitet; besonders aus diesem Grunde sollte der Angelegenheit entschieden begegnet werden, Erhalten wir die nötigen Unterlagen, werden wir schon für deren weitere Verwertung und Verbreitung Sorge tragen.

Mit aller Hochachtung

Deutsche Demokratische Partei gez. Horn

 

87. C. H. B. an die DDP, Postdirektor W Hennings. (Berlin), 30.10.1926

(Maschinenkopie)

Sehr geehrter Herr Postdirektor!

Aus Ihrem gefälligen Schreiben vom 29. d. J. habe ich mit großem Bedauern ersehen, daß in einer wesentlichen auslandsdeutschen Zeitung wiederum unhaltbare und unqualifizierte Angriffe gegen die Staatsregierung erhoben sind, ohne daß die Schriftleitung der Zeitung sich die Mühe gegeben hätte, den wahren Sachverhalt des geschilderten Tatbestandes kennen zu lernen. Ich bitte Sie, versichert zu sein, daß ich Ihre ersten Besorgnisse um die Stellung eines Teiles des Auslandsdeutschtums zur deutschen Republik teile. Allerdings möchte ich die Hoffnung nicht aufgeben, daß sich der gesunde Sinn für Gerechtigkeit und Wahrheit auch bei diesen auslandsdeutschen Gruppen durchsetzt. Sie werden mich bei Ihren Bemühungen, das Auslandsdeutschtum objektiv zu beeinflussen, auf Ihrer Seite finden.

Mit verbindlichen Empfehlungen bin ich Ihr sehr ergebener (CHB)

 

88. DDP an C. H. B. Halle a.d. Saale, 12.5.1928

(Maschinenmanuskript)

Sehr geehrter Herr Minister!

Mit Ihrem Schreiben vom 19.4. stellten Sie uns noch eine Nachricht wegen Ihres Eintreffens am 17.5. in Naumburg in Aussicht.

Wir bitten Sie, uns diesen Bescheid nun recht bald zukommen zu lassen, damit wir ihn nach Naumburg weitergeben können.

Auch wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie uns zugleich das Thema, über das Sie zu sprechen gedenken, angeben wollten.

Für heute zeichnen wir mit ergebenen Grüßen (gez.) Dr. Markner

Randbemerkung Beckers:

Thema: Preußisch-deutsche Kulturpolitik seit der Staatsumwälzung.

 

89. DDP Ortsgruppe Pillau/Ostpreußen an C. H. B. Pillau, 18.6.1928

(Maschinenmanuskript)

Persönlich!

Sehr geehrter Herr Parteifreund!

Der unterzeichnete Vorstand der hiesigen Ortgruppe der DDP gestattet sich, Ew. Hochwohlgeboren die beiliegenden Leitsätze zur Kenntnisnahme und mit der Bitte zu überreichen, für die Anerkennung und Durchführung derselben im öffentliche Leben und für ihre Durchdringung des eisernen Bestandes des demokratischen Ideenschatzes nach Kräften mitwirken zu wollen. Er ist der festen Überzeugung, daß nur eine ganz entschiedene Grundsatzpolitik im demokratischen Geiste die Entwicklung der Demokratie und der DDP begünstigt und die in den einzelnen Ortsgruppen der DDP geleistete Kleinarbeit mit Erfolg krönt.

Der Vorstand! (gez.) Direktor Dr. Lomber, Vorsitzender, Mittelschullehrer Lemke, Kassierer

Köpping, Schriftführer

Anlage

Die Ortsgruppe Pillau der DDP

Hält im Interesse der Zukunft der DDP in der Innenpolitik insbesondere die Berücksichtigung der folgenden demokratischen Leitsätze für durchaus notwendig:

  • Wir fordern von allen Parteimitgliedern in führenden Stellungen in Reden und taten ein entschiedenes Bekenntnis und Festhalten an der demokratischen Idee der Gleichberechtung aller Staatsbürger auf der Grundlage gleicher Pflichten. Jede zwiespältige Haltung ist unbedingt zu vermeiden.
  • Die sogenannten „wohlerworbenen“ Rechte (Sonderrechte) der Oberschicht des Volkes sind umgehend auf das allgemein gültige Maß der gleichen Rechte aller Staatsbürger im Volksstaat zu reduzieren. Namenbezeichnungen, die auf frühere Adelsprädikate hinweisen, sind durch Gesetz zu beseitigen.
  • Die Ansammlung von Riesenvermögen in einzelnen oder wenigen Händen ist zu verhindern.
  • Die soziale Frage der handarbeitenden Bevölkerung ist bis an die Grenze des Interesses eines gesunden Wirtschaftslebens des Staates Zulässigen zu heben und gesetzlich zu regeln.
  • Die Republikanisierung der unmittelbar im öffentlichen Dienste stehenden Staatsbürger – Beamtenschaft und Reichswehr – ist sofort und rücksichtslos durchzuführen.
  • Da die deutsche Kultur auf dem deutschen Schulwesen beruht, ist bei der Auswahl und der Beförderung der Beamten in der Regel der Grad der Allgemeinbildung als in hohem Grade ausschlaggebend zu betrachten. Im Interesse des Staates gebührt den republikanischen Beamten mit geringerer Allgemeinbildung vor den antirepublikanischen Beamten mit höherer Allgemeinbildung der Vorzug.
  • Eine Vereinigung der DDP mit der DVP betrachten wir als Verrat an der Demokratie und lehnen sie infolgedessen ab. Dagegen würden wir als republikanische Sammelpartei die Vereinigung der beiden genannten Parteien mit der SPD unter einem entsprechenden Namen warm begrüßen. Bei einem selbständigen Fortbestehen der DDP ist eine Änderung des seitherigen Namens durchaus erforderlich.7

I.A. Der Vorstand (wie oben)

 

90. DDP, Wahlkreis Potsdam an C. H. B. Berlin, 21.6.1928

(Maschinenmanuskript)

Sehr geehrter Herr Minister!

Sie waren so freundlich, uns in unserem Wahlkreis durch einen Vortrag zu unterstützen. Im Namen des Wahlausschusses sage ich Ihnen dafür unseren verbindlichen Dank.

Wenn es uns gelungen ist, nicht nur unser Reichstagsmandat, sondern auch zwei Landtagsmandate aus eigener Kraft zu behaupten, und darüber hinaus noch an den Verbands-Wahlkreis Berlin und die Reichs- und Landesliste Reststimmen abzugeben, so freuen wir uns mit Ihnen, daß Sie einen Anteil an diesem Ergebnis haben.

Wir gehen sofort an den Ausbau der Organisation; ein neuer Wahlkampf wird uns nicht ungerüstet finden. Wir hegen die Hoffnung, daß gleichviel wann er kommen wird, wir uns wieder Ihrer wertvollen Unterstützung versichert halten zu dürfen.

Mit hochachtungsvollem (Partei)8Gruße sehr ergeben (gez.) Otto, MdL

Vorsitzender des Wahlausschusses

 

91. DDP an C. H. B. Berlin, 19.7.1929

(Maschinenmanuskript)

Sehr geehrter Herr Staatsminister!

Unsere Parteigruppe in Augsburg ist an uns mit der Bitte herangetreten, an Sie die Anfrage zu richten, ob Sie freundlichst bereit wären, im Herbst in Augsburg auf einer großen Kundgebung der Partei zu sprechen. Unsere Augsburger Freunde versprechen sich von der Kundgebung, auf der Sie, Herr Minister, sprechen, sehr viel und fragen darum schon jetzt an, weil sie möglichst frühzeitig Klarheit haben wollen, um eine gute propagandistische Vorbereitung treffen zu können. Unsere Augsburger Freunde haben einmal den Wunsch, wie gesagt, bei einer großen öffentlichen Kundgebung eine Rede von Ihnen zu hören und zum Zweiten, auch einen Vortrag im kleineren Kreise, weil man annimmt, daß auf Grund der Tatsache, daß Sie verwandtschaftliche und gesellschaftliche Beziehungen in Augsburg haben, der Parteiarbeit Kreise gewonnen werden können, die uns sonst nicht so nahestehen.

Wir wären Ihnen, sehr geehrter Herr Minister, zu außerordentlichem Dank verpflichtet, wenn Sie uns bald eine Antwort zuteil werden ließen und empfehlen uns Ihnen mit aufrichtig ergebenen Grüßen

Reichsstelle der Deutschen Demokratischen Partei (gez.) Sowarpf

 

92. C.H.B. an DDP, Reichsgeschäftsstelle. (Berlin), 21.9.1929

(Maschinenkopie)

Sehr geehrter Herr Wolff!

Verbindlichen Dank für Ihr freundliches Schreiben vom 19. Juli. Ich muß um Entschuldigung bitten, daß ich wegen Urlaubs und daran anschließenden Dienstreisen es versäumt habe, Ihren liebenswürdigen Brief rechtzeitig zu beantworten. Wie Sie wissen, habe ich mich, da ich der Partei nur nahestehe, ohne ihr direkt anzugehören, bisher mit Vorträgen bei großen Parteiveranstaltungen stark zurückgehalten, wenn ich auch bei allgemeinen kulturellen Veranstaltungen gelegentlich im demokratischen Kreise gesprochen habe. Ich bin kein eigentlich politi-scher Redner und bitte, freundlich dafür Verständnis haben zu wollen, wenn ich eine so schwierige Mission wie die Gewinnung des Augsburger Milieus lieber nicht übernehme. Ich glaube, daß ich der demokratischen Idee und der Demokratischen Partei in der Stille mehr nutzen kann, als wenn man mich bei großen politischen Kundgebungen herausstellt. Sie haben wohl die Freundlichkeit, die Augsburger Herren entsprechend zu verständigen.

In bekannter hoher Verehrung Ihr sehr ergebener (CHB).

 

93. DDP Kreisverein Melsungen an den Regierungspräsidenten in Kassel

und die DDP Geschäftsstelle Berlin Spangenberg, 23.10.1929

Abschrift durch Staatsförster Stein an C. H. B.

Durch den Herrn Landrat Dr. Schuster erfahren wir, daß er aus persönlichen Gründen von seinem Amt als Landrat des Kreises Melsungen zurückgetreten ist. Diese Entschließung kam uns allen so überraschend und zu einem für seinen Rücktritt so ungeeigneten Zeitpunkt, daß wir Demokraten und alle anderen Republikaner des Kreises Melsungen die schwersten Besorgnisse für die Zukunft haben. Wir hoffen, daß die Staatsregierung den Landrat Dr. Schuster möglichst bald wieder in einer seinen Fähigkeiten entsprechenden Stellung beschäftigt.9 Hier in unserem Kreise , wo seit 10 Jahren die schärfsten Gegensätze zwischen “Rechts und Links“ bestehen und wo die Hochburg der NSDAP sitzt, ist es für jeden Republikaner besonders schwer, seinen Demokratischen und Republikanischen Standpunkt zu behaupten, besonders wenn es gilt, dem heutigen Staate die nötige Achtung zu verschaffen. In diesen Belangen aber hat Herr Dr. Schuster sein Bestes getan und alle Republikaner ohne Ausnahme sind ihm hierfür aufrichtigen Dank schuldig. Deshalb erachten wir es als unsere Pflicht, für das Fortkommen unseres rührigen Mitgliedes Dr. Schuster bemüht zu sein. Wir hoffen keine Fehlbitte getan zu haben und gestatten uns weiter zu bitten, dem Herrn Preußischen Innenminister von diesem Schreiben Kenntnis zu geben.

Mit Deutschem Demokratischen Gruß Hochachtungsvoll gez. Stein. 1. Vorsitzender

 

94. DDP (Kreisverband) Breslau an C. H. B., Breslau, 1.2.1930

(Maschinenmanuskript)

Hochverehrter Herr Staatsminister!

Im Namen meiner Parteifreunde habe ich die Ehre, Ihnen, Herr Minister, ehrerbietige und dankbare Grüße zu senden. Ihr Ausscheiden aus dem Ministerium bewegt uns schmerzlich. Wir sind zu kritisch, um etwa jede Ihrer Handlungen gebilligt zu haben, ja, wir haben gerade etwa in unserem hiesigen Kulturausschuß die immer weitergehende Zersplitterung und Zerlösung des höheren Schulwesens mit Sorge verfolgt. Aber während Ihrer mehr als zehnjährigen Tätigkeit an leitender Stelle im Ministerium und als Minister haben wir immer zu Ihnen aufgesehen. Bei vielem Unerfreulichen, das nicht veranlaßt wurde durch die Schwere der Zeit, sondern durch das eigene politische Ungeschick, war es uns eine Genugtuung, daß ein Mann wie Sie im Preußischen Staatsministerium war. Sie wissen selbst genug, welch bedeutsame Gestalt Sie im öffentlichen Leben sind durch die in Deutschland sehr seltene Verbindung von umfassender Gelehrsamkeit und praktischer Verwaltungsgabe, durch Vereinigung von weltmännischem Gebaren und Forschernst und schließlich durch die heute überaus seltene Vereinigung von politischer Klugheit und charakterlicher Verläßlichkeit. Wir sind überzeugt, daß Ihr Name in die Geschichte eingeht. Wenn in einer Zeit, in der ein Teil der Menschen zwar eine starke Bezogenheit auf den Geist besitzt, ein anderer jedoch nicht minder starker Bevölkerungsteil lediglich auf das Nützliche tendiert, wenn in einer solchen Zeit die Aufgaben der Kultur weiter erfüllt wurden und die kulturellen Institutionen gefördert werden konnten, so ist das, Herr Minister, wir wissen das sehr wohl, Ihr Verdienst.

Wir sind auch überzeugt, daß Sie an bedeutsamer Stelle weiter Einfluß nehmen werden auf die geistige Gestaltung unseres Volkes, und daß Sie immer, wenn nicht in amtlicher Funktion, so doch ebenso stark als Gestalt wirken. Uns liegt heute nur daran, jetzt, da ein Wort des Dankes den Dankenden nicht mehr in den Verdacht irgendeines Strebertums bringt, Ihnen zu sagen, daß Sie durch Ihre Arbeit und durch Ihr Sein den Impuls gegeben haben, an anderer, bescheidenerer Stelle in unserer Arbeit nicht müde zu werden.

In Ehrerbietung der Vorstand der Deutschen Demokratischen Partei,

Wahlkreisverband Breslau i.A. (gez.) Lic.th(eol) Momutz (unleserlich) 1. Vorsitzender.


1 Koram (lat.) vor aller Augen vgl. coram publico (veralteter Ausdruck für tadelnswertes Verhalten. Duden 1996

2 Unterstreichungen vom Referenten im MK.

3 Am Rande mit großem Fragezeichen versehen.

4 Hervorhebung vom Herausgeber.

5 Im Typoskript unterstrichen. Der Herausgeber.

6 Hervorhebungen vom Herausgeber.

7 Vom Empfänger am Rande angestrichen. Der Herausgeber.

8 Das Wort Partei wurde von Otto gestrichen, denn Becker war zwar Sympathisant, aber kein Mitglied

9 Unterstreichungen vom Empfänger bzw. dem Referenten. Der Herausgeber.